‚Be more with less’ lautet das Credo der Minimalisten. Und von denen gibt es immer mehr. Wenn man sich so umsieht, hat man zwar eher den Eindruck, dass nach wie vor genau das Gegenteil gilt, also ‚Be less with more’– der Minimalismus scheint trotzdem mehr als nur ein Trend zu sein.
Jedenfalls reden immer mehr über die Vorteile eines minimalistischen Lebensstils. Darüber, wie frei man sich fühlt, wenn man erstmal all den überflüssigen Krempel losgeworden ist, der einen auf allen Ebenen blockiert. Oder wie viel besser es ist, statt in einem großen Haus in einer übersichtlichen Wohnung zu leben, die erstens viel weniger kostet, zweitens ökologischer ist und außerdem weniger Zeit fordert. Dasselbe gilt für den Kleiderschrank: Nur wenige ausgesuchte Stücke, farblich sortiert, die alle zusammenpassen (Capsule Wardrobe). Statt nervigem Rumgewühle, jeder Griff ein Treffer.
Minimalisten haben nicht nur eine aufgeräumte Wohnung, sondern sind auch selbst aufgeräumt. Wollte man das nicht auch schon immer? Ja, schon, aber… das ganze auf Dauer wirklich durchzuziehen macht nicht immer Spaß. Aufräumen. Ordnen. Saubermachen. Verzichten. Und wieder von vorne. Da ploppt nicht zwangsläufig immer Lebensfreude auf.
Vielleicht schafft man es ja trotzdem: Man kauft nie mehr das Falsche und isst nur noch das Richtige, aber auch davon nicht zu viel. Und dann steht man irgendwann vor einem leeren Kühlschrank, in dem nur zwei Bio-Möhren und eine Scheibe Tofu liegen, statt einer französischen Käseauswahl und zwei Flaschen Champagner zum Beispiel. Die Bücher hat man fast alle weggegeben, damit das Regal schöner aussieht. Das Netflix-Abo ist gekündigt. Sogar die Freunde hat man aussortiert. Also die, die einem nicht wirklich immer gut tun und die, die nicht zur Wohnung passen. Da sind dann eben kaum noch welche übrig geblieben. Na, und? Man kann ja abends auch ein Glas Wasser trinken, eine Möhre essen, Yoga machen und dann gleich ins Bett gehen. Ist ja auch viel gesünder. Und total minimalistisch. Genau so fühlt es sich dann auch an.
Aber kann minimalistisch leben auch Spaß machen? Sich leicht anfühlen? Ja, schon. Wenn man es lässig und stilvoll angeht und sich jemanden wie Audrey Hephurn alias Holly Golightly aus Truman Capotes Klassiker „Frühstück bei Tiffany“ als Vorbild nimmt.
Holly lebt in New York, besitzt fast nichts und verzichtet ständig. Es bleibt ihr auch nichts anderes übrig, sie hat ja kein Geld. Wenn sie mal deprimiert oder ängstlich ist, fährt sie zu Tiffany und sieht sich den Schmuck einfach nur an (stilvoll natürlich) ohne ihn besitzen zu wollen. Die ruhige Atmosphäre bei Tiffany beruhigt sie sofort und der Anblick der Schmuckstücke genügt ihr vollkommen. Holly verzichtet also ohne dass es sich wie verzichten anfühlt. Genial!
Auch sonst macht sie das Beste aus dem was sie hat. In ihrer spärlich eingerichteten Wohnung schmeißt sie die lustigsten Partys und ihrer eigentlich prekären Situation trotzt sie nonchalant (also überhaupt nicht angestrengt) das Beste ab.
Mit ihrer minimalen, aber gerade deshalb so ausgesuchten Garderobe ist sie besser gekleidet als andere, die zehnmal so viel besitzen. Vielleicht weil sie eins auf jeden Fall hat: Stil.